Level Up! Promising Practices: TikTok-Format „Cop & Che“
7.2.2024Interview mit Fabian (bOJA)
„Cop & Che“ nennt sich das Social Media Duo aus dem 23-jährigen Tschetschenen Ahmad und dem 59-jährigen Polizisten Uwe. Gemeinsam posten sie auf TikTok aufklärende Videos im Frage-Antwort-Format, die vor allem Jugendliche erreichen sollen. Mittlerweile hat der Kanal eine enorme Reichweite und spricht längst nicht mehr nur junge Menschen an.
In Deutschland gibt es oftmals in marginalisierten Gruppen ein negatives Bild von der Polizei. Ist das in Österreich vergleichbar und konntet ihr an diesem Bild mit dem Social-Media-Projekt „Cop & Che“ etwas verändern?
Fabian: Also ja das ist genauso bei uns wie bei euch wie überall auf der Welt. Dieses Bild konnten wir durch das Projekt sicher ein bisschen aufbrechen, vor allem den Jugendlichen über den Messenger Uwe zu zeigen, dass unter der uniform auch ein Mensch ist. allerdings ist unser Job ja nicht Werbung für die Polizei zu machen, unser Ziel ist eher das Querschnittsthema Polizei/Polizeigewalt zum Thema zu machen und damit unsere Zielgruppe (also genau die marginalisierten Gruppen, von denen ihr sprecht) zu erreichen. Über das Online-Format wird dem Kritikbedürfnis und dem Ungerechtigkeitsempfinden der Jugendlichen mit gesellschaftlichen Regeln und Normen Rechnung getragen, gleichzeitig werden sie durch konkrete Informationen im Umgang mit staatlichen Institutionen gestärkt. Wir helfen also einfach auch konkret bei wichtigen Fragen
Ihr greift in den Videos Kommentare aus der Community auf. Gibt es Anfragen, die ihr besonders häufig bekommt?
Fabian: Was darf ich, was darf die Polizei sind die häufigsten Themen, also Fragen zum Gesetz und polizeilichem Handeln.
Inwiefern ist das „Cop & Che“ Projekt exemplarisch für Online (Extremismus)Prävention?
Fabian: Grundsätzlich ist es gar nicht exemplarisch, sollte aber im besten Fall exemplarisch werden. Wir werden ja von rechtsextremer Seite beobachtet, (es gab mehrere Videos von Irfan Peci, mehrere Artikel im Heimatkurier / Identitäre Bewegung, die sogar in eine parlamentarische Anfrage durch die FPÖ mündete, gleichzeitig gab es auch Videos von Realität Islam) da wir ihre us-vs-them-Konstruktion (ein friedliches Zusammenleben zwischen Muslim:innen und Nicht-Muslim:innen ist nicht möglich) durch unsere Reichweite und die Geschichte, die wir über die Videos erzählen, dekonstruieren.
Die Storyline dahinter ist folgende: Uwe versucht mit Che’s Community ins Gespräch zu kommen, weil die Polizei oft hilflos ist und wenig Handlungsmöglichkeiten hat bei den 12 bis 15-jährigen Jugendlichen und Achmad selbst viele schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht hat, aber sich davon trotzdem nicht sein Leben bestimmen lassen möchte, ganz im Gegenteil: Er will, dass Jugendliche heute nicht mehr Polizeigewalt erleben, so wie er in seiner Jugend. Achmad und Uwe haben viel diskutiert, bei vielen Sachen auch Gemeinsamkeiten festgestellt, viele Missverständnisse erkannt, die einfach aufzuklären wären. Bei einigen Dingen sind sie aber auch anderer Meinung und das ist auch gut so. Das Projekt ist weder eine Schauspielerei noch Propaganda, weder Pro noch Kontra, sondern ein Versuchen ins Gespräch zu kommen. Wir leben alle in dieser Stadt und müssen irgendwie miteinander auskommen.
Das heißt wir sind da einfach auf einer Metaebene und erzählen eine nette Geschichte über die Freundschaft zwischen Ahmad und Uwe, das perfekte alternative narrativ zu den extremistischen Erzählungen. Am besten funktionieren dabei die Specials, also z. B. die zwei im Prater, die zwei beim Ringen, die zwei bei verschiedenen Live Challenges.
Was ist das Wichtigste, worauf ihr bei der Auswahl eurer Themen und später beim Videodreh achtet?
Fabian: Wichtig ist das wir nichts zensieren und alles zur Sprache bringen, das beginnt dabei das wir die Jugendlichen ernst nehmen, indem wir ihre Fragen, auch wenn Rechtschreibfehler darin sind oder sie noch so absurd wirken, beantworten. Wir lesen auch die Usernamen vor, so seltsam sie auch klingen mögen. Bei der Auswahl der Themen versuchen wir alles abzudecken, was die Kids interessiert, also Waffen, Drogen, Mopeds, Autos, Tuning, Selbstverteidigung, Gesichtsverhüllung etc. (…) – was sagt das Gesetz wie hoch sind die Strafen, aber vor allem auch polizeiliches Handeln, Racial Profiling, wie kann man sich beschweren und so weiter.
Fabian, du hast das Projekt von Anfang an begleitet. Was hat dich am meisten überrascht? Gab es Momente, in denen du skeptisch warst?
Fabian: Mich hat tatsächlich am meisten Uwe überrascht, dass er sich darauf einlässt, da es für ihn ziemlich anstrengend ist mit solch polizeikritischen Personen Content zu machen (lacht), aber auch welche Wirkung die zwei auf die Jugendlichen haben. Das ist echt krass, wenn wir gemeinsam unterwegs sind, sie werden von allen (!!!) erkannt!