Level Up! – Vernetzung und gezielte Unterstützung von Projekten der Extremismusprävention im digitalen Raum

Dr. Friedhelm Hartwig, Frauke Seeba

Das neue Projekt Level Up! von modus|zad zielt auf eine Wirkungsteigerung von digitalen Präventionsprojekten ab: Mithilfe einer Kombination aus Fachexpertise, gezielter Analyse unausgeschöpfter Potenziale und einer passgenauen Förderung soll die praktische Arbeit unterstützt und optimiert werden.

Eine Bestandsaufnahme

Die  Welt der sozialen Medien wächst kontinuierlich und eröffnet stetig mehr Sozialräume, welche ein rasantes Wachstum von Informations- und Kommunikationswegen, immer diffusere und schnellere Verbreitungswege, die Entstehung von Echokammern und mitunter gefährliche Radikalisierung begünstigen.

Der unreflektierte Konsum problematischer Inhalte, das Knüpfen risikoreicher Kontakte, die Übernahme propagierter Verhaltens- und Denkweisen – all diese Gefahren steigen im Online-Bereich und erhöhen die Gefahr für Nutzer*innen, sich zu radikalisieren. Laut BKA spielt gerade am Anfang einer Radikalisierung das Internet eine zunehmend wichtige Rolle[1]. In den sozialen Netzwerken werden Jugendliche auf der Suche nach Orientierung, Identität und Gemeinschaft, entsprechend ihrer Lebenswelten, digitalen Nutzungsgewohnheiten, Interessen und Bildungsstands von Extremist*innen mit gezielten Propagandastrategien angesprochen, um sie von demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Positionen zu überzeugen. Zugleich werden die sozialen Netzwerke zur Planung, Durchführung und Verherrlichung von terroristischen Gewalttaten gezielt genutzt.

Auf diese Herausforderungen müssen in der Konzeption und Umsetzung von Projekten wirksame Antworten gefunden werden. Sie betreffen die fachliche Kompetenz, Kenntnisse über die Dynamiken (extremistischer) digitaler Sozialräume und ihrer Zielgruppen, technische Ressourcen, neue Sicherheitskonzepte und die angemessene Gestaltung neuer Arbeitszeiten und -umgebungen für Mitarbeiter*innen.[2]

Während Extremist*innen sich via ihrer Kanäle miteinander vernetzen, Expertisen austauschen und Reichweiten stetig ausbauen konnten, sind soziale und pädagogische Träger durch befristete Projektstrukturen in ihrem Handeln eingeschränkt: Reichweiten können nicht langfristig generiert werden. Somit verfällt erworbenes Projektwissen häufig mit Ablauf von Finanzierungen und der Abwicklung von Projekten. Aus Mangel an Ressourcen und Langfristigkeit wird zudem nur selten eine unabhängige, wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation der Projekte in allen Phasen der Planung, Durchführung und abschließenden Dokumentation umgesetzt.[3] Ferner fehlt eine eine systematische Erfassung von Expertisen und Gegebenheiten, basierend auf zuverlässigen wissenschaftlichen Methoden, um auf die sich extrem schnell wandelnden und unübersichtlichen Sozialräume in den sozialen Netzwerken zu reagieren.[4] Mangelnde Ressourcen haben letztlich zur Folge, dass viele Projekte in altbekannten Strukturen verharren, statt neue Wege zu erproben und Vernetzungen voranzutreiben.

Dabei bietet eine strategische Nutzung der sozialen Netzwerke in der pädagogischen Arbeit enormes Potenzial, nicht nur für neue bzw. kleinere Initiativen und Träger. Auch größere Organisationen und langfristig angelegte Projekte könnten von einer passgenauen und gezielten Förderung, dem Zugänglichmachen bestehender Expertise sowie einer starken Vernetzung mit erfahrenen Fachleuten und Organisationen profitieren.

Wie können wir gemeinsam effizienter werden?

Diese Frage hat sich modus|zad gestellt und das Projekt Level Up! entwickelt. Es umfasst nicht nur vernetzende Austauschformate über aktuelle Herausforderungen und Bedarfserfassungen der teilnehmenden Akteur*innen, sondern  unterstützt zugleich die identifizierten Wirkungspotenziale mit passgenauen Ressourcen. Dafür stehen Fördermittel im Rahmen des “Demokratie leben”-Programms zur Verfügung.

Level Up! bietet als gemeinsames Kompetenz- und Austauschforum die folgenden Chancen:

  • Sammlung wichtiger richtungsweisender Erkenntnisse und Erprobung neuer Ideen durch finanzielle und personelle Unterstützung
  • Unterstützende Weitergabe von Fachexpertise an Projekte im Handlungsfeld Prävention in digitalen extremistischen Sozialräumen
  • Beschleunigung und Verstärkung des Wissenstransfers zwischen Forschung und Praxis und den Projekten untereinander
  • Sicht- und Nutzbarmachung bestehender Expertisen aus den Feldern der (Sozial-)Pädagogik, Islam- und Politikwissenschaft, Psychologie und Medienwissenschaften, der zumeist multidisziplinären Teams und zivilgesellschaftlicher Organisationen
  • Bereitstellung passgenauer Qualifizierungsmaßnahmen und Fachexpertise für und von Projektmitarbeiter*innen vor allem zu Fragen digitaler Extremismusprävention und Konfliktmanagement in digitalen Sozialräumen (Authentizität und Anonymität im Netz, Schutz der Daten und Kommunikation, Handlungsmöglichkeiten bei gezielten Shitstorms etc.)
  • Durchführung projektvorbereitender bzw. projektbegleitender Monitoring-Analysen zu aktuellen digitalen Subkulturen (Trends, Akteure, Kanäle, typische subkulturelle Ausdrucksformen)
  • Vernetzung von digitalen (Präventions-)Angeboten zur Reichweiten- und Relevanzsteigerung und Stärkung gegen aggressive Aktivitäten von etablierten extremistischen Online Communities
  • Durchführung externer Evaluationen und wissenschaftlicher Begleitungen zur Analyse unausgeschöpfter Potenziale

Möchten Sie Teil des Netzwerks werden und mit uns gemeinsam effizienter werden?

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[1] BKA 2016

[2] Erkenntnisse, Expertisen und Entwicklungspotenziale. Handreichung zur digitalen Distanzierungsarbeit, Kapitel: Intervention im Netz: Innovation Labs als Praxiseinstieg. BMI, KN:IX (i. Vorbereitung). Herausforderungen, Bedarfe und Trends im Themenfeld,  KN:IX Report 2021. Online. Beratung und Begleitung in der pädagogischen Praxis, KN:IX Methodenfächer 2021 (abgerufen 08.12.2021).

[3] Der Verein „turn e.V.“ konnte dies vorbildlich in zwei Projekten umsetzen: Lippe / Reidinger (o.J.) BERICHTE UND PUBLIKATIONEN | TURN (turnprevention.com) und MATERIALIEN | TURN (turnprevention.com) (abgerufen 08.12.2021) und Projektbericht Staffel 1 | TURN (turnprevention.com).

[4] Ein aktuelles Beispiel für neue extremistische digitale Subkulturen sind die Studien des ISD: Gen-Z & The Digital Salafi Ecosystem (abgerufen 08.12.2021).

Level Up! wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms “Demokratie leben”.

Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.