bpb-Basismonitoring der Peripherie des religiös begründeten Extremismus auf YouTube, TikTok und Instagram
Hintergrund
Extreme Gruppierungen nutzen die Optionen der sozialen Medien zeitnah und intensiv für die Verbreitung ihrer Botschaften. Weder in der aktuellen Online- noch Offline-Präventionspraxis werden diese Dynamiken ausreichend und systematisch wahrgenommen. Gute Kenntnisse über Zielgruppen und zentrale Akteur*innen sind jedoch wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektplanung und Umsetzung. Im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) schließt modus|zad diese Lücke in der Präventionsarbeit mit einem umfassenden Monitoring der Plattformen YouTube und TikTok zum Schwerpunktthema Islamismus.
Schwerpunkte und Nutzen in den Jahren 2021 und 2022
Im Jahr 2021 begann modus|zad im Rahmen des bpb-Basismonitoring 2021 damit, die Plattform YouTube einer umfassenden Analyse zu unterziehen. Schwerpunkte der Untersuchung waren aktuelle Themen, Trends und die Entwicklungen der populärsten YouTube-Kanäle der Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE) im Handlungsfeld Islamismus. Die Resultate wurden in monatlichen Berichten bereitgestellt, um Akteur*innen der Präventionspraxis zeitnah in ihrer konzeptionellen und praktischen Arbeit in digitalen Sozialräumen zu unterstützen. Abschließend erschien ein Jahresbericht, der zentrale Erkenntnisse aus dem Untersuchungszeitraum zusammenfasst.
Für das Jahr 2022 sollen die bewährten Methoden aus dem bpb-Basismonitoring 2021 fortgeführt und ausgebaut sowie um eine Intensivierung des Wissenstransfers zwischen Analyse und Praxis erweitert werden. Auf YouTube wird das Monitoring der Akteur*innen-Seite um die User*innen-Perspektive ergänzt, indem die Kommentare resonanzstarker Videos untersucht werden. Zusätzlich wird sich dem Bedarf nach Erkenntnissen über eine junge Zielgruppe genähert. Dafür wird die unter Jugendlichen beliebte Plattform TikTok auf der Akteur*innenebene analysiert. In vier Quartalsberichten werden die zentralen Trends und Themenschwerpunkte des bpb-Basismonitoring 2022 inhaltlich vertieft zusammengefasst. Für einen engen Austausch zwischen Praktiker*innen der Präventions- und Distanzierungsarbeit und dem Monitoring-Team von modus|zad können akute Bedarfe und Fragen in vier Web-Talk-Formaten diskutiert und die Monitoring-Erkenntnisse in zwei thematisch aufbereiteten digitalen Workshops vertieft werden.
Schwerpunkte 2023
Im Jahr 2023 führt modus|zad im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb im Rahmen des bpb-Basismonitorings zusätzlich ein exploratives Monitoring von arabischsprachigen Online-Angeboten mit Schwerpunkt Islamismus/Salafismus durch. Eine zentrale Fragestellung ist die Relevanz arabischsprachiger Online-Angebote für die Präventionsarbeit und politische Bildung in Deutschland. Die Ergebnisse werden am Ende des Jahres 2023 in einem gesonderten Bericht auf der bpb-Webseite „Randbereiche des Extremismus auf YouTube und TikTok“ veröffentlicht.
Das bpb-Basismonitoring wird gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung
FAQ
Welche Zielsetzungen verfolgt das bpb-Basismonitoring?
Zentrales Ziel des bpb-Basismonitorings ist ein niedrigschwelliger beschleunigter Wissenstransfer von angewandter Forschung zur Präventionspraxis und politischen Bildung. Die Erkenntnisse des Social-Media-Monitorings werden durch zwei Formate veröffentlicht: Quartalsberichte und vierteljährliche Web Talks. Die Analysen fassen aktuelle Themen und Trends zusammen und identifizieren dabei auch Strukturen, Prozesse und Narrative der Kanäle.
Basierend auf dieser Forschungsstrategie können systematisch aktuelle Handlungsempfehlungen für die Präventionspraxis, Projektkonzeptionen oder -modifikationen und Maßnahmen der politischen Bildung hergeleitet werden.
Ein wesentliches Element des bpb-Basismonitorings ist der intensive Austausch mit Akteur*innen der Präventionspraxis und der Wissenschaft über unterschiedliche Formate (Publikationen, Web Talks, Workshops). Dadurch vernetzt es auf unterschiedlichen Wegen, im wechselseitigen Austausch, die drei zentralen Ebenen von Theorie, anwendungsbezogener Analyse und Praxis.
Wie ist das bpb-Basismonitoring entstanden?
Das bpb-Basismonitoring basiert auf den umfassenden Vorarbeiten der vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) geförderten Forschungsprojekte ABAT (2019) und KorRex (2020) sowie der im Rahmen des „Nationalen Präventionsprogrammes gegen islamistischen Extremismus (NPP)“ für die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb erstellten Handreichungen (2020).
Ziel des Projektes ABAT war eine Analyse deutschsprachiger YouTube Kanäle mit Schwerpunkt Islam außerhalb des dschihadistischen Spektrums. Dabei stellte sich heraus, dass auf YouTube sunnitisch-fundamentalistische Kanäle mit überwiegend salafistischer oder islamistischer Orientierung das Informationsangebot zum Islam im deutschsprachigen Raum dominieren. Die Netzwerkanalysen zeigen zudem deutlich eine Filterblase. Als Arbeitsbegriff für diese Konstellation von YouTube-Kanälen führte modus|zad den Begriff „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ ein. Ein weiteres wichtiges Projektziel war die Entwicklung von Methoden, die einen beschleunigten Wissenstransfer zwischen Theorie und Praxis der Präventionsarbeit eröffnen (vgl. modus|insight: Die Peripherie des Extremismus auf YouTube, sowie die jeweiligen Blogbeiträge auf der ABAT-Projektseite).
Da im Projekt ABAT zahlreiche Hinweise auf englischsprachige Einflüsse hindeuteten, wurden daraufhin im Projekt KorRex englischsprachige YouTube-Kanäle mit Schwerpunkt Islam recherchiert und auf ihre Korrelationen zur deutschsprachigen PrE hin analysiert. Zu den wichtigsten Ergebnissen des Projektes zählen Hinweise auf eine Inspiration und einen Transfer von Formaten und Themen in den deutschsprachigen Raum, eine direkte Übersetzung von englischsprachigen Inhalten ins Deutsche, sowie die Lokalisierung einer englischsprachigen Filterblase, in der ebenfalls sunnitisch-fundamentalistische Botschaften die Informationen auf YouTube dominieren (vgl. modus|insight KorRex, sowie die Blogbeiträge auf der KorRex-Projektseite).
Wie wird die „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ definiert?
Basierend auf den Ergebnissen der vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) geförderten Forschungsprojekte ABAT (2019) und KorRex (2020) hat modus|zad den Arbeitsbegriff „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ eingeführt.
Die PrE bezeichnet eine Konstellation von ca. 200 deutschsprachigen Kanälen, die zumeist sunnitisch-fundamentalistische Botschaften verbreiten, Gewalt ablehnen und als nicht-dschihadistisch einzustufen sind. Ihnen gemeinsam ist eine starke missionarische Ausrichtung und die Ablehnung aller anderen Religionen einschließlich schiitischer, alevitischer und mystischer Glaubensströmungen im Islam. Kennzeichnend für ihre zentralen Botschaften sind zudem überwiegend polarisierende Urteile mit einer deutlich tendenziösen, selektiven Auswahl von Informationen und einer Umdeutung von Begriffen im Dienste der propagierten Glaubensüberzeugungen oder Ideologien (Vgl. bpb-Handreichungen, bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021). Zumeist liegen diese Botschaften in den Randbereichen von Meinungs- und Glaubensfreiheit, den Kriterien des Jugendschutzes und den Community-Regeln der Plattformbetreiber. Eine beleidigende und toxische Sprache ist dabei in vielen Inhalten der PrE nachweisbar (vgl. bpb-Basismonitoring 4/2022, Frequenzanalyse).
Welche zentralen gemeinsamen Botschaften verbreiten die Kanäle der Peripherie des religiös begründeten Extremismus?
Die „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ setzt sich aus zumeist sunnitisch-fundamentalistischen Kanälen zusammen. Sie können aufgrund ihrer propagierten Inhalte nach unterschiedlichen Gruppen, wie salafistisch, islamistisch oder hybrid, differenziert werden. Dennoch sind gemeinsame zentrale Botschaften erkennbar. Zu diesen gehören ein autoritäres und patriarchales Gesellschaftsverständnis, eine rigorose Geschlechtertrennung und Verschleierung und die Ablehnung von demokratischen Staatsformen. Demokratie und Verfassung gelten als unvereinbare Gegensätze zu ihrer Auslegung von Islam und Scharia als einzige gültige Norm. Weit verbreitet ist zudem das Narrativ von einer angeblichen gesamtgesellschaftlichen Verschwörung der deutschen Gesellschaft, einschließlich andersdenkender oder reformorientierter Muslim*innen, gegen den Islam.
Weitere Beispiele zu gemeinsamen zentralen Botschaften finden sie zusammenfassend in den bpb-Handreichungen 3. Narrative der PrE und dem bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021. Die Themen und Narrative der PrE können zudem übergreifend in drei zentrale Konfliktzonen gruppiert werden.
Welche Plattformen stehen im Fokus des bpb-Basismonitorings?
Als Schwerpunkte der Analysen erfasst das bpb-Basismonitoring die zentralen Plattformen YouTube, YouTube-Shorts, TikTok und Instagram (explorativ, anlassbezogen).
Die Konstellation der Plattformen resultiert aus den Erfahrungen des seit dem Jahr 2021 laufenden bpb-Basismonitorings und den im Jahr 2019 einsetzenden methodischen Vorarbeiten und Studien von modus|zad. Mit dieser Auswahl von populären Social-Media-Plattformen erfasst das bpb-Basismonitoring vier der am intensivsten von den Akteur*innen der „Peripherie des religiös begründeten Extremismus“ (PrE) genutzten Social-Media-Angebote. Sie gehören zu den aktuell am häufigsten genutzten Plattformen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (vgl. mpfs-Studien), welche zu den zentralen Zielgruppen extremistischer und terroristischer Akteur*innen zählen.
Während YouTube als Basisplattform für zahlreiche Akteur*innen der PrE interpretiert werden kann, dient Instagram häufig als ergänzende, die Kernbotschaften der jeweiligen YouTube-Kanäle prägnant zusammenfassende Plattform. Einige zentrale Kanäle der PrE sind jedoch weniger auf YouTube aktiv und setzen ihre Schwerpunkte auf TikTok und Instagram, wo sie insbesondere Online-Kampagnen und Mobilisierungsaufrufe für Offline-Protestaktionen lancieren (vgl. Erfolgsrezepte).
TikTok ist aktuell eine sehr populäre Plattform, auf der besonders die jüngeren Altersgruppen erreicht werden können. Hier scheint sich derzeit noch keine Deutungshoheit der auf YouTube etablierten Akteur*innen der PrE aus zumeist salafistischen und islamistischen Kanälen durchgesetzt zu haben (vgl. bpb-Quartalsbericht 01/2022 und 04/2022).
Mit YouTube-Shorts steht zudem seit dem Jahr 2021 ein mit TikTok vergleichbares Angebot für Kurzvideos zur Verfügung, das ebenfalls von den relevanten Akteur*innen der PrE intensiv genutzt wird. In den Analysen sprechen wir daher auch von plattformspezifischen Kommunikationsstrategien und Milieus mit unterschiedlichen Konstellationen an Akteur*innen (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021, bpb-Quartalsbericht 01/2022 und 04/2022).
„Social Media Orchester“: Auf welchen Plattformen sind die PrE-Kanäle präsent?
Als Schwerpunkte der Analysen erfasst das bpb-Basismonitoring 2023 die zentralen Plattformen YouTube, YouTube-Shorts, TikTok und Instagram (explorativ, anlassbezogen).
Die im bpb-Basismonitoring aufgenommenen Kanäle und Akteur*innen sind jedoch mit Accounts auch auf weiteren Social-Media-Plattformen aktiv. Zudem bauen sie ihr Angebot entsprechend neuer technischer Optionen fortwährend aus. Ein aktuelles, neues Feld ist beispielsweise der Bereich Gaming und Gaming relevante Angebote, wie auf Discord oder Twitch (vgl. bpb-Quartalsbericht 04/2022).
Im Rahmen des bpb-Basismonitorings wird daher in regelmäßigen Abständen die Entwicklung der gesamten Social-Media-Präsenz der Top-25-Kanäle recherchiert. Die aktualisierten Tabellen des „Social Media Orchesters“ werden in den laufenden bpb-Basismonitoring-Publikationen veröffentlicht. Berücksichtigt werden dabei auch Webseiten, deren Bedeutung als umfassende Medienarchive und Portale für Dienstleistungen, einschließlich ihrer aktiven Ansprache durch Chat-Funktionen, weiterhin von großer Bedeutung sind. Sie sollten daher auch weiterhin in den Analysen beachtet werden (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021, Kapitel 4, S. 48 ff.).
„Top-25“: Welche Kanäle sind in der aktuellen Liste der Peripherie des religiös begründeten Extremismus?
In regelmäßigen Abständen aktualisiert modus|zad im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb die Datenbank nach einer Grundrecherche. Die aktuelle Referenzliste der Top-25-Kanäle der „Peripherie des religiös begründeten Extremismus“ (PrE) mit Schwerpunkt Islamismus ist im Quartalsbericht 04/2022 veröffentlicht (Stand 14.12.2022). Zu den wichtigsten Kriterien für die Aufnahme von Kanälen in die Tabelle zählen u.a.: Abonnenten- und Aufrufzahlen, Aktivität, Vernetzung, inhaltliche Orientierung, Sprache und Stil.
Kanalliste der Top-25 YouTube Kanäle nach Abonnentenzahlen (Stand 14.12.2022):
Rang |
Name |
Abonnenten |
1 |
Botschaft des Islam (BDI) |
234.000 |
2 |
Lorans Yusuf |
117.000 |
3 |
Abul Baraa Tube |
77.000 |
4 |
Abu Mikail |
63.000 |
5 |
Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG e.V.) |
61.800 |
6 |
IMAN TV |
61.600 |
7 |
PierreVogelDE |
59.400 |
8 |
Pierre Vogel (offiziell) |
58.300 |
9 |
Generation Islam |
54.000 |
10 |
Young Muslim |
39.200 |
11 |
Förderale Islamische Union (FIU) |
36.800 |
12 |
Star Moon Islam |
36.700 |
13 |
Der Islam verbindet |
36.500 |
14 |
Habibiflo Dawah Produktion |
34.800 |
15 |
Islamictutors |
34.200 |
16 |
Fitrah Dawah |
31.700 |
17 |
Wissen Für Alle |
29.600 |
18 |
Deen Akademie |
25.900 |
19 |
IslamContent5778 |
22.400 |
20 |
Realität Islam |
19.600 |
21 |
Islamrat CH (IZRS) |
18.100 |
22 |
Anas Islam |
17.100 |
23 |
Im Auftrag des Islam TV |
16.700 |
24 |
Amen Dali |
8.010 |
25 |
Muslim Interaktiv |
3.600 |
Sind unterschiedliche Gruppen und Ideologien in der Peripherie des religiös begründeten Extremismus erkennbar?
Die „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ mit Schwerpunkt Islam setzt sich aus sehr unterschiedlichen Kanälen und Akteur*innen zusammen. Inhaltlich können sie jedoch nach drei Gruppen unterschieden werden: salafistische, islamistische und hybride Kanäle. Innerhalb dieser drei Gruppen sind zudem weitere Differenzierungen in Cluster sinnvoll (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
Die Differenzierungen in bestimmte Gruppierungen und Strömungen ist nur eine von mehreren Orientierungspunkten zur inhaltlich-qualitativen Einschätzung der Kanäle. Die wichtigsten Ausgangspunkte der Analysen von modus|zad im Rahmen des bpb-Basismonitorings sind vielmehr die jeweiligen Aufbereitungen der Themen sowie wiederkehrende Narrative und Handlungsaufforderungen. Das religiöse wie auch politisch-gesellschaftliche Themenspektrum überschneidet sich zum Teil in den Aussagen zwischen den Kanalgruppen, so dass die Abgrenzungen schwierig sind. Zahlreiche Akteur*innen der als salafistisch klassifizierten Kanäle lehnen zudem den Begriff Salafismus z. B. als „westliche“ Fremdbezeichnung generell ab.
Die Problematik, treffende analytische Kategorien für aktuelle Strömungen im Phänomenbereich der PrE zu finden, wird in der Fachwelt fortwährend diskutiert und von modus|zad kontinuierlich nachgehalten. Darüber hinaus müssen auch der Wandel von Ideologien, religiösen Strömungen oder veränderte Überzeugungen einzelner Akteur*innen der PrE berücksichtigt werden. Auch diese Faktoren haben Folgen auf das Verständnis von gängigen Begriffen (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021, S. 5 ff.)
Weiterführende Literatur zur aktuellen Diskussion um Begriffe und Strömungen der PrE:
Neue Wege Finden. Aktuelle Formen islamistischer Agitation. Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen, Landespräventionsrat Niedersachsen, Niedersächsisches Justizministerium. Januar 2022.
Jacobs, Andreas; Ranko, Anette: Streit um den (politischen) Islam: Anmerkungen zu Begrifflichkeiten und Zuordnungen im Spannungsfeld zwischen Religion und Politik. Analysen & Argumente, Nr. 428, März 2021, Konrad Adenauer Stiftung (KAS).
Guhl, Jakob; Ali, Rashad: A Theoretical Introduction to Contemporary Salafism. Institute for Strategic Dialog, 2021.
Was charakterisiert salafistische Kanäle im Projektverständnis des bpb-Basismonitoring?
Im bpb-Basismonitoring wird zwischen salafistischen, islamistischen und hybriden Kanalgruppen unterschieden. Die jeweiligen Gruppen können zudem in weitere Cluster differenziert werden (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
Grundsätzlich orientiert sich modus|zad an der „Salafismus“-Definition, die Rüdiger Lohlker vorgeschlagen hat: „Salafismus bezeichnet eine breite religiöse Strömung mit unterschiedlichen Formen, die sich zum Teil vom saudischen Wahhabismus abgrenzen, zum großen Teil aber innig mit Saudi-Arabien verbunden sind – und sei es nur finanziell.“ (Lohlker, Rüdiger: Die Salafisten, München, C.H. Beck, 2017, S. 11)
Dabei differenziert Lohlker Salafismus als Oberbegriff in drei Hauptgruppen: Wahhabismus, Salafismus im engeren Sinne und Dschihadismus (vgl. Lohlker, 2017, S. 12ff.).
Weitere gemeinsame Merkmale salafistischer Strömungen sind ihr Ausschließlichkeitsanspruch als alleinige Vertreter eines angenommenen „wahren Islam“, ein Selbstverständnis als einzige errettete Gruppe, das strikte Konzept des Monotheismus, eine selektive Orientierung an Koran und den Traditionen des Propheten, sowie eine rigorose Orientierung an Geboten, basierend auf einer selektiven Deutung islamischer Quellen.
Die YouTube-Kanäle der salafistischen Gruppe der PrE können in ein salafistisches Kern-Cluster und weitere, eher für sich stehende Kanäle und Cluster differenziert werden. Zu den Kanäle des salafistischen Kern-Clusters zählen im Projektverständnis des bpb-Basismonitoring z. B.: „Abul Baraa Tube“, „PierreVogelDE“, „IslamContent5778“ und „Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG e.V.)“ (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021, S. 6, 8ff.).
Weiterführende Literatur (vgl. FAQ: Sind unterschiedliche Gruppen und Ideologien in der PrE erkennbar):
Said, Behnam T.; Fouad, Hazim (Hrsg.): Salafismus. Auf der Suche nach dem wahren Islam. Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Bd. 1454, Bonn 2014.
Fouad, Hazim; Said, Behnam: Islamismus, Salafismus, Dschihadismus. Hintergründe zur Historie und Begriffsbestimmung. Islamismus, Salafismus, Dschihadismus | bpb.de, 17.12.2020.
Was ist neu im bpb-Basismonitoring 2023?
Im Jahr 2023 führt modus|zad im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb im Rahmen des bpb-Basismonitorings zusätzlich ein exploratives Monitoring von arabischsprachigen Online-Angeboten mit Schwerpunkt Islamismus/Salafismus durch. Eine zentrale Fragestellung ist die Relevanz arabischsprachiger Online-Angebote für die Präventionsarbeit und politische Bildung in Deutschland. Die Ergebnisse werden am Ende des Jahres 2023 in einem gesonderten Bericht auf der bpb-Webseite „Randbereiche des Extremismus auf YouTube und TikTok“ veröffentlicht.
Was charakterisiert islamistische Kanäle im Projektverständnis des bpb-Basismonitoring?
Im bpb-Basismonitoring wird zwischen salafistischen, islamistischen und hybriden Kanalgruppen und Strömungen unterschieden. Die jeweiligen Gruppen können zudem noch in weitere Cluster differenziert werden (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
Wichtigstes Kennzeichen der islamistischen Kanalgruppe sind ihre Schwerpunkte auf politische und gesellschaftliche Themen. Zumeist sind es Kanäle, die vermutlich der Hizb ut-Tahrir oder den Muslimbrüdern nahestehen. Zu ihnen gehören z. B. die Kanäle: „Generation Islam (GI)“, „Realität Islam (RI)“ und „Muslim Interaktiv“. Deutliche inhaltliche Nähe zu diesen Kanälen zeigt in politisch-gesellschaftlichen Botschaften auch der Kanal „Botschaft des Islam (BDI)“ (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021, S. 5 ff., S. 31 ff.).
Einige typische Botschaften islamistischer Kanäle, die jedoch auch gelegentlich von salafistisch geprägten Kanälen verbreitet werden, sind:
- Der Kampf des sogenannten „Westens“ gegen den Islam (Kulturkampf)
- Demokratie, Verfassungsstaat und Islam seien unvereinbar
- Die Unterstellung einer angeblichen gesamtgesellschaftlichen Verschwörung der deutschen Mehrheitsgesellschaft (und des „Westens“) gegen den Islam
- Integration bedeute Assimilation und somit ein Abfall vom Islam und ein allgemeiner Verfall islamischer Werte und Moral
- Reformen im Islam seien eine Intrige des sogenannten „Westens“ gegen den Islam. Reformorientierte Muslim*innen betreiben demnach Verrat
Was charakterisiert hybride Kanäle im Projektverständnis des bpb-Basismonitoring?
Im bpb-Basismonitoring wird zwischen salafistischen, islamistischen und hybriden Kanalgruppen und Strömungen unterschieden. Die jeweiligen Gruppen können zudem noch in weitere Cluster differenziert werden. (bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021)
Unter der hybriden Gruppe fasst modus|zad Kanäle zusammen, die Versatzstücke aus dem typischen Repertoire islamistischer und salafistischer Kanäle aufweisen, aber nicht eindeutig inhaltlich einer dieser beiden Kategorien zugeordnet werden können. Ein typischer Vertreter dieser Gruppe ist einer der populärsten Kanäle der PrE „Machts Klick“ von Turgay Altıngeyik (seit 15.05.2022 nicht mehr aktiv). Weitere Vertreter der hybriden Gruppe sind „Botschaft des Islam (BDI)“, „Lorans Yusuf“ und „Star Moon Islam“. „Botschaft des Islam (BDI)“ zeigt dabei in seinen politisch-gesellschaftlichen Inhalten deutliche Tendenzen zu Inhalten der Muslimbrüder und verwandten Gruppierungen, wie „Hizb ut-Tahrir“ oder „Hamaz“. Die YouTube Kanäle „Lorans Yusuf“ und „Star Moon Islam“ vermitteln salafistisch-wahhabitische Botschaften mit deutlichen Vorlieben für Themen zur Apokalypse und koranischen Wesen (Engel, Dschinn, Teufel). Der Kanal „Star Moon Islam“ und seine Ersatzkanäle zeigen zudem eine für die PrE ungewöhnlich hohe Dichte von Verschwörungserzählungen.
Nach welchen Kriterien erfolgt die Kanalauswahl der Top-25 der Peripherie des religiös begründeten Extremismus?
Die Referenzliste der Top-25-Kanäle resultiert aus einer Analyse der aktivsten und am häufigsten abonnierten YouTube-Kanäle im Abgleich mit ihrer Relevanz auf anderen Social-Media-Plattformen. Folgende Daten werden berücksichtigt:
- Abonnenten
- Aufrufe
- Aktivität (Hochladen von Videos, Kommentare)
- Relevanz in Bezug auf weitere Plattformen, wie: TikTok, Instagram
- Relevanz hinsichtlich Offline-Aktivitäten, Aktionismus und Präventionsarbeit
Warum sind die Kanäle der PrE pauschal nicht als extremistisch einzustufen?
Die Kanäle der PrE wirken in konfliktreichen Kommunikationsräumen. Zumeist handelt es sich um Diskurse zur Verteidigung oder Propagierung von Inhalten, denen die Akteur*innen einen absoluten, alleinigen Wahrheits- oder Gültigkeitsanspruch zuschreiben. Solche Glaubensüberzeugungen sind in der Regel legitim und nicht pauschal als extremistisch zu bewerten. Häufig rufen ausschließliche Positionen jedoch heftige konfliktreiche Reaktionen hervor, aus denen Eskalationsspiralen entstehen können. Solche Diskurse können zur Verhärtung der jeweiligen sich gegenseitig ausschließenden Positionen führen, welche häufig in Hass, radikalen Überzeugungen und Extremismus münden.
Charakteristisch für die PrE (Grauzone/Randbereich) ist jedoch, dass es ein Spektrum von unterschiedlichen Motiven und Vorgehensweisen gibt. So scheinen einige Akteur*innen der PrE gezielt solche zerstörerischen Wirkungen einzusetzen, wogegen andere dies als ungewollte Nebeneffekte ihrer Botschaften mit absolutem Geltungsanspruch erleben. Beide tragen jedoch durch ihre Überzeugungen und Themenwahl zu den dynamischen Entwicklungen in diesen konfliktreichen Kommunikationsräumen bei. Entsprechend dieses konzeptionellen Ansatzes der PrE werden z. B. auch contentbasierte Präventionsprojekte aufgenommen, wenn sie eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit im Publikum der PrE erreichen, da sie ebenfalls ein Teil der Diskurse innerhalb der PrE sind.
Nach welchen Erfolgsrezepten können die Kanäle der Peripherie des religiös begründeten Extremismus kategorisiert werden?
Die Akteur*innen und Kanäle der „Peripherie des religiös Begründeten Extremismus“ (PrE) mit Schwerpunkt Islam sind durch unterschiedliche Formate, Stile, Botschaften und Angebote gekennzeichnet. Einzelne Merkmale der nachfolgenden Liste von Erfolgsrezepten können zwar ihre jeweilige Online-Präsenz dominieren, es treten jedoch häufig auch Kombinationen und Varianten auf. Bestimmte Erfolgsrezepte sind zudem charakteristisch für die Präsentationen und Aktivitäten bestimmter Gruppierungen und Strömungen der PrE.
Im Projekt KorRex (2020) konnte zudem nachgewiesen werden, dass zahlreiche Erfolgsrezepte auch in englischsprachigen Online-Angeboten zu finden sind. Die größere Vielfalt an Formaten im englischsprachigen Raum wirkt sehr wahrscheinlich inspirierend auf die deutschsprachige PrE und scheint Vorbildfunktionen zu haben. Eine erste Zwischenbilanz zur fortlaufenden Analyse von Erfolgsrezepten der deutschsprachigen PrE ist in den bpb-Handreichungen (2020) zu finden.
Weitere Erfolgsrezepte und Erkenntnisse mit Handlungsempfehlungen für die Präventionspraxis erscheinen fortlaufend in den bpb-Basismonitoring Berichten (seit 2021):
- Persönlichkeit und Bekanntheitsgrad
- Anonymität der Botschafter
- Storytelling: „Epische Geschichtenerzähler“
- Frage-Antwort-Format
- Live-Talk und –Chat-Formate
- Kontinuierliche, langfristige Präsenz und Aktivität
- Konfrontation und Konfliktbereitschaft
- Präsenz als Akademie oder Institut mit Kursen zum Islam und Lebenshilfe
- Social Media Orchester: Präsenz auf zahlreichen Plattformen, Webseiten etc.
- Medienarchiv: Playlists
- Emotionalität und Empathie
- Authentizität
- Konfrontation, Provokation, Protest
- Timing: Stellungnahmen zu aktuellen Ereignissen und Anlässen, Reaction
- Aktivitäten (online/offline)
- Verknüpfung oder Konfrontation mit Influencer*innen außerhalb der PrE
Welche Formate nutzen die Kanäle der Peripherie des religiös begründeten Extremismus?
Die Kanäle der „Peripherie des religiös begründeten Extremismus“ (PrE) nutzen eine Vielzahl von unterschiedlichen Formaten zur Vermittlung ihrer Botschaften. Dabei setzen die meisten Kanäle der PrE in ihrer strategischen Kommunikation auf ein Format, welches dem Kanal ein prägendes Erscheinungsbild gibt. Weitere Formate können zwar auch auf den Kanälen in Varianten erscheinen, sie sind jedoch nicht so dominant. Die dominierenden Formate sind charakteristische Merkmale, aus denen modus|zad verschiedene Kanaltypen und Erfolgsrezepte der strategischen Kommunikation von Kanälen der PrE zusammengestellt hat (vgl. bpb-Handreichungen 1. Merkmale der PrE, 2. Formate der PrE, , bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
In der folgenden Liste sind die wichtigsten Formate aufgeführt. In Klammern sind YouTube-Kanäle der PrE angegeben, für die diese Formate jeweils charakteristisch sind:
- Predigten („Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG e.V.)“, „Abul Baraa Tube“)
- Frage-Antwort-Format („IslamContent5778“)
- Live-Chat, Live-Talk-Formate („IMAN TV“, „Anas Islam“)
- Street-Dawah („Fitrah Dawah“)
- Akademien, Institute („Deen Akademie“, „Islamictutors“, „islamakademie“)
- Religiöse Lehre, Unterricht, Seminare („Abul Baraa Tube“, „DMG e.V.“, „Lorans Yusuf“)
- Storytelling: „Epische Geschichtenerzähler“ („Botschaft des Islam (BDI)“, „Star Moon Islam“)
- Lebenshilfe, Lifecoaching („UMMAHMIND“, „Islamictutors“)
- Adaption journalistischer Formate, die an ein Magazin erinnern: Dokumentation, Analysen, Interview, Kommentar („Generation Islam“, „Realität Islam“)
- Aktivitäten, Aktionen, Proteste, Konfrontation („Muslim Interaktiv“, „Anas Islam“)
- Reaction-Videos, z. B. auf Influencer*innen über Islam („Anas Islam“, „Generation Islam“)
- Einbindung von Influencer*innen („BDI“, „Anas Islam“)
- Reise-VLog (V-Log): z. B. Hadsch, Umrah („Abul Baraa“, „Abu Mikail“)
Welche Kanaltypen existieren in der Peripherie des religiös begründeten Extremismus?
Die Kanäle der „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ mit Schwerpunkt Islam sind häufig durch ein dominierendes Format oder eine Kombination von wenigen Formaten gekennzeichnet. Neben dem Einsatz von bestimmten Formaten sind weitere Kennzeichen der Kanäle die Dominanz von bestimmten Persönlichkeiten oder eine bewusst gestaltete Anonymisierung, so dass die Verantwortlichen nicht eindeutig identifizierbar sind. Gerade eine, in Verbindung mit bestimmten Botschaften (z. B. politische, gesellschaftskritische), gezielt eingesetzte Anonymisierung scheint ein Erfolgsrezept der PrE zu sein (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
Aus den langfristig regelmäßig wiederkehrenden Formaten sowie weiteren Merkmalen, wie Personalisierung/Anonymisierung, konnte modus|zad eine Typologie der PrE Kanäle für den deutsch- und englischsprachigen Raum entwickeln, die zur Analyse von Erfolgsrezepten der einzelnen Kanäle hilfreich ist (vgl. YouTube Erfolgsrezepte: Die Content-Strategien der populärsten salafistischen Kanaltypen, YouTube Erfolgsrezepte: Unique Selling Points und neue Trends salafistischer Kanaltypen).
In der folgenden Liste sind die aktuell wichtigsten Kanaltypen (2023) mit einigen aktiven Kanälen als Beispiele aufgeführt. Zum Teil setzen Kanäle zwei oder mehr Formate in Variationen ein, sodass sie in unterschiedliche Kanaltypen eingeordnet werden können:
- Anonymisierter Kanaltyp: „Botschaft des Islam (BDI)“, „Lorans Yusuf“, „Star Moon Islam“
- Predigerkanäle: „Abul Baraa Tube“, „Abu Mikail Al Kamali”, Kanäle von Pierre Vogel
- Predigerportale: „Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG e.V.)“, „Einladung zum Erfolg (EZE)“, „Islamrat CH“
- Spiegelkanäle: „Habibiflo Dawah Produktion“, „Stimme der Gelehrten“
- Magazin-Kanäle: „Generation Islam“, „Realität Islam“, „Im Auftrag des Islam“
- Akademie- und Institutionskanäle: „Deen Akademie“, „Islamictutors“, „Förderale Islamische Union (FIU)“
- Aktionistische Kanäle: „Muslim Interaktiv“
- Street-Dawah: „Fitrah Dawah“
- Live-Chat-Kanäle: “IMAN TV”, „Anas Islam“, „Islamictutors“, Kanäle von Pierre Vogel
Sind zentrale, immer wiederkehrende Narrative erkennbar?
Bestimmte Narrative werden in unregelmäßigen Abständen von den Kanälen der „Peripherie des religiös Begründeten Extremismus“ (PrE) immer wieder in neuen Videos aufgegriffen. Die Kernaussagen wiederholen sich dabei häufig in den nachfolgenden Videos. Bestimmte Narrative sind zudem so umfassend aufgearbeitet, dass mehrteilige Serien produziert werden. Eine Orientierung für immer wiederkehrende Narrative sind zudem auf YouTube die Rubrik Playlist. Dabei hat sich bislang in den Analysen von modus|zad eine Systematik bewährt, die zwischen drei Konfliktzonen unterscheidet (vgl. bpb-Handreichung 3. Narrative der PrE und 5. Playlists der PrE, bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
Allgemeine Konfliktzonen, z. B.: Gesellschaft, Politik, weltweite Konflikte, nicht-muslimische Religionen und Überzeugungen, Integrations-/Assimilationszwang, Rassismus.
Individuelle muslimische Konfliktzonen, z. B.: Werte, Moral, Verhalten, Tabus, Lebenshilfe, Kopftuch, Gender, Rollenideale von Mann/Frau/Familie.
Innermuslimische Konfliktzonen, z. B.: Theologische und moralische Positionen, Methoden, Lehre, Schiiten, Sufismus (Mystik), reformorientierte Strömungen, Geschichtsbilder.
Einige Beispiele für wiederkehrende Narrative sind (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021):
Verschwörungserzählungen von einer umfassenden gesamtgesellschaftlichen Verschwörung gegen den Islam in Deutschland. Der Islam solle zerstört werden. Beteiligt daran seien seit langer Zeit: Parteien, Politik, Medien, aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen. Muslim*innen, die mit diesen Institutionen und Organisationen zusammenarbeiten, werden als Verräter*innen am Islam diffamiert.
Es bestünden zwischen dem „wahren“ oder auch „authentischen“ Islam, der nach Überzeugung von den Akteur*innen der PrE vertreten werde, unvereinbare Gegensätze hinsichtlich: „des Westens“, „Demokratie“, „Verfassung“, „wissenschaftlichen Methoden und Theorien“ oder „reformorientierten Ansätzen im Islam“.
Konzentrieren sich die Kanäle der Peripherie des religiös begründeten Extremismus auf bestimmte Themen?
Bestimmte Kanäle der „Peripherie des religiös begründeten Extremismus (PrE)“ produzieren auffallend häufig bestimmte Themen, z. B.:
Apokalypse, Zeichen der Zeit, Himmel und Hölle:
„Botschaft des Islam (BDI)“, „Lorans Yusuf“, „Star Moon Islam“ (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021)
Erlaubtes und Verbotenes (Halaal und Haraam):
„Islamcontent5778“, „Abul Baraa Tube“, „Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG e.V.)“ (vgl. bpb-Basismonitoring Quartalsbericht 01/2022)
Islam als Opfer des „Westens“ und des „Neokolonialismus“, „Kulturkampf“:
„Generation Islam“, „Botschaft des Islam (BDI)“, „Muslim Interaktiv“ (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021)
Integrations- und Assimilationszwang als Mittel gegen den „wahren Islam“:
„Realität Islam“ (vgl. bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021)
Forderungen der LGBTIQ+ Bewegungen sind unvereinbar mit dem Islam:
Alle in den Beispielen zuvor genannten Kanäle (vgl. bpb-Basismonitoring Quartalsbericht 03/2022)
Welche Trends sind erkennbar?
Ein zentrales Ziel des bpb-Basismonitorings ist die Analyse aktueller Trends und Entwicklungen. Diese werden in den fortlaufenden Berichten des bpb-Basismonitorings und Web Talks veröffentlicht. Markante Trends der PrE-Kanäle des Jahres 2021 und 2022, welche zu stark ansteigenden Aufrufzahlen geführt haben, sind z. B.:
- Der verstärkte Einsatz von YouTube-Shorts (vgl. bpb-Quartalsbericht 04/2022).
- Die wachsende Präsenz von YouTube-Akteur*innen der PrE auf TikTok (vgl. bpb-Quartalsbericht 01/2022).
- Das stark reduzierte Frage-Antwort-Format auf ca. 1-Minute-Dauer, passend zu TikTok und YouTube-Shorts. Markant sind dabei die Aufstiege der YouTube Kanäle „Abul Baraa Tube“ von Abul Baraa und „Islamcontent5778“ mit dem Redner Ibrahim al-Azzazi, der dieses reduzierte Frage-Antwort-Format aktuell weiterhin intensiv einsetzt (vgl. bpb-Quartalsbericht 01/2022 und 02/2022).
- Die zunehmende Verknüpfung zwischen einigen Kanälen der PrE und bekannten Personen oder Influencer*innen außerhalb der PrE. (bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021, bpb-Quartalsbericht 4/2022).
- Die Zunahme von konfrontativen Reaction Videos von Akteur*innen der PrE zu strittigen Beiträgen, deren Anlässe zumeist auf Videos von Influencer*innen außerhalb der PrE basieren (vgl. bpb-Quartalsbericht 01/2022 und 04/2022).
Welche zentralen Konfliktzonen prägen die Peripherie des religiös begründeten Extremismus?
Im bpb-Basismonitoring Projekt wird aufgrund der bisherigen Analysen zwischen drei Konfliktzonen unterschieden (vgl. bpb-Handreichung 3. Narrative der PrE und 5. Playlists der PrE, bpb-Basismonitoring Jahresbericht 2021).
Allgemeine Konfliktzonen, z. B.: Gesellschaft, Politik, weltweite Konflikte, nicht-muslimische Religionen und Überzeugungen, Integrations-/Assimilationszwang, Rassismus.
Individuelle muslimische Konfliktzonen, z. B.: Werte, Moral, Verhalten, Tabus, Lebenshilfe, Kopftuch, Gender, Rollenideale von Mann/Frau/Familie.
Innermuslimische Konfliktzonen, z. B.: Theologische und moralische Positionen, Methoden, Lehre, Schiiten, Sufismus (Mystik), reformorientierte Strömungen, Geschichtsbilder